Die verschiedenen Zustände des Rheins
Danken
Alle Texte und Erklärungen stammen aus dem großartigen Werk "RHIN VIVANT, Histoire du fleuve, des poissons et des hommes", das von Herrn Roland Carbiener, Honorarprofessor der Universität Straßburg, Herrn Laurent Schmitt, Geograph und Hydro-Geomorphologe, Professor an der Universität Straßburg, und Frau Annick Schnitzler, Honorarprofessorin der Universität Lothringen, verfasst wurde. Die Gemeinde Schoenau dankt ihnen für ihre Zustimmung, einen Teil ihres Werkes zu verwenden.
Die Übergabe eines seltenen Exemplars dieser "Karte über den Lauf des Rheins" an die Gemeinde durch Herrn Reinhold Hämmerle, Vermessungsingenieur und leidenschaftlicher Anhänger der Geschichte des Rheins zusammen mit seinem französischen Partner Benoît Sittler, anlässlich einer vom CEN Alsace organisierten Konferenz in Schoenau, war der ausschlaggebende Punkt für die Initiierung dieser Dauerausstellung. Die Gemeinde Schoenau ist Herrn Hämmerle für die Übergabe dieses Dokuments sehr dankbar.
Zusammenfassung
I - Der vergletscherte Rhein ( - 20 000 Jahre)
V - Der Rhein heute und morgen
Mit einem Einzugsgebiet von 185000 km² und einem durchschnittlichen Abfluss an seiner Mündung von 2200 m3/s steht der Rhein an erster Stelle der westeuropäischen Flüsse. Der als "Oberrhein" bezeichnete Abschnitt fließt zwischen Basel und Bingen (Rheinland-Pfalz) durch den "Rheingraben", einen 300 km langen und 30 bis 40 km breiten Einsturzgraben.
I - Der vergletscherte Rhein ( - 20 000 Jahre)
Der Rhein entstand aus dem riesigen alpinen Eisschild, der fast die gesamte heutige Schweiz bedeckte, und breitete sein Wasser im Sommer, wenn ein Teil des Alpengletschers schmolz, ungehindert in den Rheingraben aus. Er bildete ein riesiges Flussbett mit unzähligen Armen, Bänken, Inseln und Terrassen, die sich von den Vogesen bis zu den Ausläufern des Schwarzwaldes erstreckten. Durch die Kraft der Überschwemmungen wurden große Mengen an Schwemmland transportiert und die Flussformen ständig verändert.
Ein Grundwasserspiegel von außerordentlicher Größe
Das alluviale Grundwasser des Oberrheins hat sich im Laufe des Quartärs aufgrund der Eintiefung des Rheingrabens allmählich gebildet. Die Ablagerungen, die aus Rheinschwemmland aller Größen, von lokal begrenzten Tonen bis hin zu großen Kieselsteinen, aus dem Alpenbecken, den Vogesen und dem Schwarzwald bestehen, können im Elsass eine maximale Tiefe von 250 m erreichen und erstrecken sich über eine Fläche von 3200 km². Das Grundwasser fließt in den Zwischenräumen mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Meter pro Tag nahe der Oberfläche. Es handelt sich um eines der größten Trinkwasserreservoirs Westeuropas (80 Milliarden m3 im gesamten Oberrheingraben, davon 35 Milliarden m3 im Elsass). Eine wichtige Tatsache, die bei der Wasserbewirtschaftung unbedingt berücksichtigt werden muss, ist, dass es sich um größtenteils fossiles Wasser handelt. Es kann also nur zu einem sehr geringen Teil der jährlichen Erneuerung (ca. 1% pro Jahr) genutzt werden. Dieses Grundwasser ist ein außerordentlicher Reichtum und wir haben die Pflicht, es zu schützen und mindestens auf seinem derzeitigen Stand zu halten.
Das Grundwasser hat das ganze Jahr über eine konstante Temperatur von ca. 11°C. Dieses Grundwasser ist außerdem bakteriologisch rein, frei von organischem Material und an der Oberfläche gut mit Sauerstoff angereichert.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Grundwasser ein wesentlicher Faktor der Landschaften der Rheinebene ist, da sein Dach im Vergleich zur topografischen Oberfläche in geringer Tiefe liegt (zwischen 0,5 und 2 m), was das Vorhandensein der Feuchtgebiete des Grand Ried erklärt.
Ein Grundwasserspiegel von außergewöhnlicher Größe
Das alluviale Grundwasser des Oberrheins ist eines der größten Trinkwasserreservoirs Westeuropas (80 Milliarden m3 im gesamten Oberrheingraben, davon 35 Milliarden m3 im Elsass).
Dieses Grundwasser ist ein außerordentlicher Reichtum und wir haben die Pflicht, es zu schützen und mindestens auf seinem derzeitigen Stand zu halten.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Grundwasser ein wesentlicher Faktor der Landschaften der Rheinebene ist, da sein Dach im Vergleich zur topografischen Oberfläche in geringer Tiefe liegt (zwischen 0,5 und 2 m), was das Vorhandensein der Feuchtgebiete im Grand Ried erklärt.
II - Der wilde Rhein
Seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren hat der Rhein bis zu den schweren Verbauungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts seinen Lauf frei in einer Vielzahl von Armen gestaltet. Auf der Höhe der vorliegenden Karte, von Basel bis Lauterbourg, hat sich das Profil des Rheins in Längsrichtung als Reaktion auf mehrere Faktoren (weniger Wasser- und Sedimentfluss durch die Klimaerwärmung, die Bildung von Alpenseen, die dann 60% der Sedimente zurückhalten, verschiedene vertikale tektonische Bewegungen) neu angepasst. Infolgedessen hat sich der Rhein auf den Abschnitten Basel- Breisach/Marckolsheim (bis zu 25 m!) und Straßburg - Lauterbourg (bis zu 2 - 3 m) zunehmend eingekerbt und tendierte dazu, auf dem Abschnitt Breisach/Marckolsheim - Straßburg (zwischen 0,5 und 1 m) insbesondere in der Umgebung von Rhinau zu bleiben oder sich sogar leicht zu heben.
Längssegmentierung des Rheins und seiner Aue (nach den Studien von L.SCHMITT)
Die Entwicklung des Längsprofils des Flusses, sein Verlauf im Gelände nach dem Studium alter Karten des wilden Rheins und die Merkmale der Aue brachten Professor Laurent Schmitt dazu, eine Längssegmentierung des Oberrheins vorzuschlagen. Die ersten drei Sektoren sind auf dieser Karte, die den noch wilden Rhein von 1838 darstellt, deutlich zu erkennen.
Der erste Sektor befindet sich zwischen Basel und Breisach/Marckolsheim. Der Fluss beginnt den riesigen Schuttkegel aus Harth-Kies, der sich vor allem am linken Ufer (Westufer) erstreckt. Der Fluss hat ein starkes Gefälle von ca. 1 m/km und teilt sich hier größtenteils in unzählige Tressen auf. Dieser Bereich wird als " Tressensektor " bezeichnet.
Der zweite Bereich liegt zwischen Breisach/Marckolsheim und Straßburg. Die Längsprofile des Flusses aus der Eiszeit und der Entstehung des Wilden Rheins bleiben in etwa übereinstimmend und heben sich bei Rhinau sogar um 0,5 bis 1 m an. Der Rhein wird sich hier breiter ausbreiten (bis zu 7 km!), das Gefälle wird geringer (um 0,5 m/km). Dieser zweite Bereich wurde als der Bereich der " Tressen und Anastomosen " definiert, da die Anastomosen hier besonders zahlreich sind (auf einer Infra-Karte noch gut erkennbar). Diesem Oberrheinabschnitt entspricht in der französischen Aue auch das riesige Feuchtgebiet Grand Ried d'Alsace.
Der dritte Sektor befindet sich zwischen Straßburg und Lauterbourg. Aufgrund des geringeren Gefälles (0,3 bis 0,4 m/km oder weniger) verschwinden die Tressen und die Schleifen der Anastomosen werden allmählich breiter, um zu einem mäanderähnlichen Verlauf zu gelangen. Dieser Bereich, der durch die Bedeutung der tiefen, ruhigen und breiten Seitenarme vom Typ "Altwasser" gekennzeichnet ist, entspricht dem Bereich der "entstehenden Anastomosen und Mäander".
Der vierte Sektor befindet sich flussabwärts von Lauterburg, jenseits der Darstellung auf dieser Karte. Das sehr geringe Gefälle (weniger als 0,1 m/km) begünstigt die Mäander, die dominant werden und diesem Sektor seinen Namen geben. Dieser Mäanderbereich erstreckt sich bis zum Rheinischen Schiefergebirge, wo der tief eingeschnittene, von zahlreichen mittelalterlichen Burgen gesäumte Fluss heute als "romantischer Rhein" bekannt ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Wilde Rhein eine außergewöhnliche hydro-geomorphologische Vielfalt, also an aquatischen Lebensräumen, aufwies. Die Strukturierung des Ganzen war sowohl längs - zwischen Basel und Lauterbourg - als auch seitlich - mit einer einzigartigen Palette von Seitenarmen - organisiert. Dieser Reichtum war das Ergebnis der freien geomorphologischen Dynamik des Flusses in seiner breiten Aue im Rhythmus der pulsierenden Überschwemmungen. Da es kein effizientes Deichsystem gab, richteten extreme Hochwasser leider große Schäden an.
Lage des Untersuchungsgebiets am elsässischen Rand des Rheingrabens, hydrographisches Netz der ello-rheinischen Schwemmebene und Längssegmentierung, die insbesondere auf dem Flussstil des Rheins und den Hinterlassenschaften der Paläodynamik des Flusses und der Ill beruht (nach CARBIENER, 1969, 1983a; SCHMITT et alii, 2007c)
III - Der begradigte Rhein
Die "Begradigung" des Rheins wurde von dem badischen Ingenieur Johan Gottfried TULLA (1770-1828) entworfen.
Auf der hier abgebildeten Karte des 1838 noch wilden Rheins ist der Entwurf des begradigten Flussbetts nach Tullas Plan zu sehen. Die Karte zeigt die zahlreichen Krümmungen des Flusses, die die Begradigung durchschneiden würde. Eine genaue Betrachtung dieser Karte zeigt, dass 1838 einige Arbeiten bereits begonnen hatten, darunter die Unterbrechung breiter Fahrrinnen (oftmals ehemalige Thalströme) durch Querdämme. In Schoenau gehören der kleine Querdeich südlich des Dorfes und die oberhalb des "Gestregtenarms" angelegte Überschwemmungsschwelle zu diesen Maßnahmen.
Ein Projekt zur Stabilisierung des Rheins war schon lange in Planung, insbesondere seit der Annexion des Elsass durch Ludwig XIV., aber das Begradigungsprojekt wurde am 5. April 1840 zwischen Frankreich und dem Großherzogtum Baden auf der Grundlage der von der Rheinbegradigungskommission durchgeführten Arbeiten angenommen. Die Arbeiten, die für die damalige Zeit angesichts der damals verfügbaren geringen technischen Mittel gigantisch waren, wurden zwischen 1842 und 1876 auf dem Abschnitt Basel-Lauterburg durchgeführt.
Die großen Ziele der Rheinbegradigung
Neben der endgültigen Festlegung der Grenzen war das wichtigste Ziel der Begradigung der Schutz der Bevölkerung vor Überschwemmungen. Die seitliche Beweglichkeit des Flusses bei Hochwasser konnte die Ufer erodieren, neue Rinnen graben und Häuser oder sogar ganze Dörfer verschlingen. Ein weiteres wichtiges Ziel der Begradigung war die Verbesserung der Bedingungen für die Schifffahrt, insbesondere durch die Einrichtung eines Treidelpfades. Hinzu kam das Ziel, die Land- und Forstwirtschaft durch die Trockenlegung von Fahrrinnen und Feuchtgebieten zu entwickeln und so fruchtbare Flächen zu gewinnen. Auch die Bekämpfung der Malaria wurde damals als Argument angeführt, doch diese Plage verschwand vor allem dank der allgemeinen Verbesserung der Lebensbedingungen und der Verwendung von Chinin gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Die Struktur des begradigten Flusses
Die Begradigungsarbeiten haben sehr viele Mäander und Thalschlingen des Wilden Rheins durchschnitten und seine Länge auf der Strecke Basel -Lauterburg um 32 km bzw. 14% verringert, wodurch sich sein Gefälle entsprechend erhöhte. Das neue Flussbett wurde durch zwei 200 m parallele, überflutbare Dämme stabilisiert, die gepflastert und mit großen Bruchsteinen und Faschinen verstärkt wurden. Diese Anlagen sind noch heute am Ufer von Schoenau im Naturschutzgebiet zu sehen. Man kann sich die schweren Arbeiten zur Herstellung dieses begradigten Flussbetts und die manuelle Instandhaltung dieser Bauwerke vorstellen. Bei Hochwasser floss das Wasser über den Überlaufdamm mit einer Durchflussmenge von etwa 2000 m3/s. Der Rhein überflutete dann einen großen Teil seines ehemaligen Hauptbettes beiderseits des begradigten Flussbettes bis zu den Hochwasserdeichen.
Die Abgrenzung des Flussbetts zwischen den Hochwasserdeichen
Um die Bevölkerung vor Überschwemmungen zu schützen, sah Tulla ein System unsinkbarer "Hochwasserdeiche" vor, die ein Flutausdehnungsfeld mit einer variablen Breite von 1 bis 2 km abgrenzten. Bei Hochwasser wurde der dichte Auenwald von fließendem, schlammigem Wasser überschwemmt, das bis in die Nähe der Krone des Hochwasserdamms ansteigen konnte. Die Überwachungsdienste waren dann in Alarmbereitschaft und bereit, eventuelle Lücken mit Faschinen und Steinen zu schließen, die in regelmäßigen Abständen entlang des Deiches in Schutzräumen gelagert wurden. Den Anwohnern war der Anblick des Waldes, durch den das mit Schluff und feinem Kalksand beladene Wasser strömte, von der Deichkrone aus im Juni/Juli bei den "Kirschrhein"-Hochwassern vertraut. Es war auch ein Versprechen für die zahlreichen Angler, dass sie in Zukunft reichlich und abwechslungsreich fischen konnten, wenn sich das Wasser zurückzog und die Fische im Netz der ständigen Arme konzentrierte.
Diese Deiche sind auf deutscher Seite noch immer funktionsfähig. Auf der elsässischen Seite ist der hier abgebildete Abschnitt über 20 km zwischen dem Ban von Sundhouse und dem Dorf Artzenheim gut erhalten. Viele andere Deichabschnitte sind mit der Kanalisierung des Rheins verschwunden.
Die hydro-geomorphologischen Auswirkungen der Begradigung
Die Begradigung veränderte die Funktionsweise des Oberrheins grundlegend. Oberhalb von Breisach-Marckolsheim führte ein außergewöhnlicher Einschnitt des begradigten Flussbettes, der lokal bis zu 7 m betrug, dazu, dass das alte Hauptbett und die Seitenarme für Hochwasser unzugänglich wurden. Dieser Einschnitt in den Rhein führte zur Aufschüttung des Isteiner Felsriegels, wodurch die Schifffahrt in Richtung Basel ab 1900 unmöglich wurde. Da sich der Grundwasserspiegel mit der Eintiefung des Flussbetts vertiefte, fielen sämtliche Seitenarme trocken, was zu einem drastischen Rückgang der Fischbestände und dem Ruin mehrerer Fischerdörfer führte.
Unterhalb von Breisach-Marckolsheim wurde das Flussbett nur um einen Meter eingekerbt und die Konfiguration des begradigten Rheins garantierte, dass die Überschwemmungen bis zu den Hochwasserdeichen anhielten.
Regulierung zur Behebung der unerwarteten Auswirkungen der Begradigung auf die Schifffahrt.
Nach der Begradigung des Flussbettes führte das Geschiebe von Kies und Schotter, das durch die Einschnitte oberhalb von Breisach-Marckolsheim mächtig verstärkt wurde, dazu, dass der Verlauf des Thales sehr beweglich und lokal flach mit großen Kiesbänken war. Diese Untiefen erschwerten die Schifffahrt zunehmend. Es wurde beschlossen, die schiffbare Fahrrinne durch das Anlegen von Buhnenfeldern von den Ufern aus auf eine Mindestbreite von 75 m zu reduzieren. Diese Buhnenfelder auf einer Länge von 2 km, abwechselnd links und rechts des Flusses, verursachten tiefe Gräben, in denen starke Verwirbelungen lokalisiert waren. In Schoenau kannten die damaligen guten Schwimmer diese Gefahr beim Durchschwimmen des Flusses und erlebten dort einige große Schrecken. Die Buhnentechnik sollte eine Selbstreinigung des Flusses ermöglichen und eine einheitliche Fahrrinne mit einer Tiefe von mindestens 2 m schaffen. Die Arbeiten begannen 1906 flussabwärts und wurden 1939 abgeschlossen. Die Instandhaltung dieser Buhnen dauerte jedoch bis zu den Arbeiten an der Kanalisation an, wobei insbesondere Gabionen oder "Würste", 8 bis 10 m x 0,9 m aus robustem Drahtgeflecht, die mit Steinschüttungen und Kieselsteinen gefüllt waren und übereinander geschichtet wurden, aufgestellt wurden. Auch hier vermieden es die Schwimmer, in die Buhnen zu kommen und am Ufer hochzuklettern, da das Drahtgeflecht der Gabionen rostete und eine große Verletzungsgefahr darstellte.
Die gesamten Begradigungs- und Regulierungsarbeiten schufen zahlreiche Arbeitsplätze in den Dörfern in der Nähe des Rheins. Auch in Schoenau lebten mehrere Familien von diesen Rheinberufen, die vom Amt für Schifffahrt und Rhein verwaltet wurden ( Wartung der Flussufer und der Hochwasserdämme, Buhnen, Brücken).
IV - Der kanalisierte Rhein
Ziele, Struktur und hydro-geomorphologische Auswirkungen der Kanalisierung
Mit der Regulierung verbesserten sich die Schifffahrtsbedingungen erheblich, abgesehen vom Auftreten der Isteiner Sperre. Die Schweiz verlor dadurch ihren Wasserzugang zur Nordsee, was ihre industrielle Entwicklung einschränkte. Jahrhunderts entstand die Lösung einer lokalen Umgehung bei Kembs und dann bis nach Straßburg mit dem Grand Canal d'Alsace. Die von René Koechlin geführte Industrieschaft von Mülhausen fügte dem ein neues Ziel für die Wasserkraftproduktion hinzu. Das Maßnahmenpaket wurde in die Bestimmungen des Versailler Vertrags von 1919 aufgenommen, in dem Frankreich die gesamte Wasserkraft am Oberrhein zugesprochen wurde.
160 km Kanal und 10 Wasserkraftwerke
Der Grand Canal d'Alsace sollte auf der 120 km langen Strecke zwischen Kembs und Straßburg acht Wasserkraftwerke mit dazugehörigen Schleusenpaaren umfassen. Das erste Kraftwerk in Kembs (1932) war das einzige, das vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Am oberen Ende der Anlage befindet sich ein Umleitungswehr, das am Altrhein gebaut wurde und den Großteil des Abflusses bis zu einer technischen Schwelle von 1400 m3/s in den Grand Canal d'Alsace umleitet. Nur bei Hochwasser führt der Altrhein wieder einen größeren Abfluss.
Die nächsten Kraftwerke, die sich ebenfalls am Grand Canal d'Alsace unterhalb von Kembs befinden, sind Ottmarsheim (1952), Fessenheim (1956) und Volgelgrun (1959). Die Fallhöhen der Kraftwerke betragen 12 bis 14 m. Der Altrhein dieser Gesamtanlage stellt einen der längsten Abschnitte großer kurzgeschlossener Flüsse der Welt dar. An seinem unteren Ende verfügt er seit 1965 über ein "landwirtschaftliches Wehr", das Wehr Breisach, mit einer Fallhöhe von 5,5 m, um den Grundwasserspiegel zu heben.
Um eine Absenkung des Grundwasserspiegels zu verhindern, aber auch um Deutschland einen Zugang zur Wasserstraße zu verschaffen, erfolgte die Fortsetzung der Kanalisierung flussabwärts nach dem Prinzip der " Schlingen " (Festons). Jede Schlinge mit einer Länge von 5 bis 12 km umfasst ein Wasserkraftwerk (Marckolsheim 1960, Rhinau 1964, Gerstheim 1967 und Straßburg 1971), ein Umleitungswehr wie in Schönau, einen Einlauf- und einen Auslaufkanal, die beide kanalisiert sind und zwischen denen sich das Wasserkraftwerk, das Schleusenpaar sowie ein "kurzer" Abschnitt des kurzgeschlossenen Altrheins befinden. Die Fallhöhe der Kraftwerke beträgt ca. 13 m. Zwischen jeder Schlinge befindet sich somit ein einige Kilometer langer Abschnitt des einzigen kanalisierten Rheinbetts, wie zwischen Marckolsheim und der Staustufe Schoenau, der die Anhebung des Grundwasserspiegels ermöglicht und dem rechten Ufer einen Zugang zur Wasserstraße verschafft. Die Räume zwischen dem kanalisierten Flussbett und dem Altrhein sind neue künstliche Rheininseln, die mehr oder weniger überschwemmt werden können. Dies ist der Fall für das nationale Naturschutzgebiet zwischen Schoenau und Rhinau. Auch "landwirtschaftliche" Schwellen sperren den Restrhein, um der Absenkung des Grundwasserspiegels entgegenzuwirken (3 Schwellen zwischen Schoenau und Rhinau). Diese Anlagen haben jedoch die Funktion des Schwemmlandes stark beeinträchtigt und die Verschlammung vor diesen Schwellen ist erheblich.
Unterhalb von Straßburg war die Fortsetzung der Kanalisierung nur wenig durch die zusätzliche Stromerzeugung motiviert, da diese aufgrund des geringeren Gefälles weniger rentabel war. Die Fortsetzung der Kanalisierung wurde jedoch beschlossen, um die Eintiefung des Flusses durch Sohlenerosion aufzuhalten, die unterhalb der Festung Straßburg wieder einsetzte, wie es zuvor nach dem Bau jedes neuen Kraftwerks der Fall war. Aufgrund der verbesserten deutsch-französischen Beziehungen wurde das Prinzip der Schlingen aufgegeben und in Absprache zwischen Frankreich und Deutschland 1974 das Kraftwerk Gambsheim und 1977 das Kraftwerk Iffezheim im Flussbett errichtet, wobei die Ufer auf dieser Strecke nicht betoniert wurden. Die Höhe der Wasserfälle beträgt etwa 12 m.
Die zehn Wasserkraftwerke entlang der deutsch-französischen Strecke produzieren durchschnittlich 8,7 Milliarden kWh/Jahr, was etwa zwei Dritteln des Strombedarfs des Elsass entspricht. Was die Schifffahrt betrifft, so können in Straßburg durch die Schleusen 25 Millionen Tonnen an Waren pro Jahr auf dem Wasserweg transportiert werden, während es in Basel etwa 11 Millionen Tonnen pro Jahr sind.
Auswirkungen auf die Flussfunktionen
Die Gesamtheit der kanalisierten Flüsse, deren Ufer betoniert wurden und deren Grund hauptsächlich aus Kieselsteinen und Schotter besteht, außer lokal im Bereich der Kraftwerke und Schleusen, erstreckt sich - unter Einbeziehung der Deiche und Wege - auf etwa 4500 ha. Das Gemeindegebiet von Schönau war auf einer Fläche von 450 ha betroffen (Deiche, Kanalisierung und Rheininsel).
Auf der kanalisierten Strecke von 160 km ist das Längsprofil der Wasserlinie eine Morne Treppe, deren Stufen den Wasserrückhaltungen oberhalb der Staustufen und Wasserkraftwerke entsprechen, die die Gegenstufen darstellen. Die künstlich aufrechterhaltenen Wasserstände korrelieren nicht mehr mit dem Abfluss. Die Geschwindigkeiten sind mit weniger als 1 m/s außerhalb von Hochwassern relativ langsam. Die Deiche machen den Fluss leider auch für Passanten unzugänglich, was dazu beiträgt, die vielfältigen Verbindungen zum Fluss zu unterbrechen.
Die Kanalisierung hat den Transit von groben Sedimenten (grober Sand, Kies, Kieselsteine) unterbrochen, die auf den Grund der Flussbetten transportiert werden. Die geringen Zuflüsse lagern sich oberhalb von Wasserkraftwerken und Umleitungsstaudämmen, wie vor dem Schönauer Staudamm, ab. Die feineren Elemente (Mittel- und Feinsand, Schluff und Ton) können den nicht mehr überschwemmbaren Auenwald nicht mehr düngen. Diese feinen Sedimente setzen sich am Flussgrund ab und stellen leider Fixierer-Akkumulatoren von Schadstoffen dar.
All diese Veränderungen haben sich stark auf die aquatische Umwelt ausgewirkt und die Fischfauna ist stark zurückgegangen. In Bezug auf die Hydrologie ist die größte Auswirkung der Pipeline die Beschneidung von 130 km² Überschwemmungsgebieten. Da diese Flächen zuvor als Zwischenspeicher für Hochwasser dienten, erhöhte die Kanalisation das Überschwemmungsrisiko, indem sie es flussabwärts verlagerte.
V - Der Rhein heute und morgen
Korrektur der hydrologischen Fehler der Kanalisierung
Um die durch die Kanalisierung verursachten negativen hydrologischen Effekte zu beseitigen und insbesondere die Hochwasserschutzkapazitäten wiederherzustellen, wurde 1982 ein deutsch-französisches Abkommen unterzeichnet. Sie zielt darauf ab, die Sicherheit der Anliegerbevölkerung am Unterlauf des kanalisierten Rheins vor den größten Hochwassern (200 Jahre) zu erhöhen, wie es vor der Kanalisierung der Fall war.
Es wurden mehrere deutsch-französische Maßnahmen ergriffen:
- Am linken Ufer: Einstellung des Turbinenbetriebs der EDF-Kraftwerke zwischen Basel und Straßburg, um das Wasser des kanalisierten Rheins in die Abschnitte des Restrheins umzuleiten, Realisierung des Polders von Erstein und der Moder.
- Am rechten Ufer: Anpassung bei Hochwasser der Manövriergesetze der Kulturwehre Straßburg-Kehl und Breisach, um mehr Wasser zu speichern, Einrichtung von 16 Poldern, darunter Burkheim und Wyhl-Weisweil, Absenkung der rechtsrheinischen Aue auf 43 km des Altrheins oberhalb von Breisach. Alle diese Arbeiten sollen bis 2038 abgeschlossen sein.
Auch die französischen und deutschen Polder dienen der ökologischen Wiederherstellung, ebenso wie die deutschen Uferabsenkungen, auch wenn hier die Ziele des Hochwasserschutzes überwiegen.
Ein halbes Jahrhundert des Schutzes und der Wiederherstellung
Auf internationaler Ebene wurde ein breites Spektrum an Regelungsinstrumenten eingeführt, und zwischenstaatliche Maßnahmen werden auf Ebene der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (CIPR) diskutiert und gesteuert. Das aktuelle Programm "Rhein 2040" zielt insbesondere auf :
- Die Wiederherstellung der longitudinalen Fischdurchgängigkeit im Rhein und seinen Nebenflüssen, damit die Wanderfische den natürlichen Rheinfall von Schaffhausen und die Schweizer Nebenflüsse erreichen können. Der Bau der verschiedenen Fischpässe an den Wasserkraftwerken ist bereits im Gange.
- Die Fläche des Flussbetts um 200 km² zu vergrößern, 100 Seitenarme wieder anzuschließen und die Morphologie von 400 km Uferlinie zu diversifizieren.
- Die Wasserqualität zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf Mikroschadstoffe.
- Und die Anpassung an den Klimawandel zu verstärken.
Die wichtigsten Schutzmaßnahmen, die seit dem Jahrzehnt 1970 entlang des Rheins umgesetzt wurden, sind die folgenden:
- Die Einrichtung von 8 nationalen Naturschutzgebieten zwischen 1982 und 2020.
- Die Entstehung eines Schutzplans für den Rheinwald, die Einstufung von Waldmassiven als Schutzwald im Anschluss an die Vereinbarungen von Marckolsheim im Jahr 1990.
- Die Aufnahme zahlreicher Gebiete in den Natura-2000-Status, die Verabschiedung von zwei Biotopschutzverordnungen, die Einrichtung von drei biologischen Reservaten usw.
Neben der Petite Camargue Alsacienne und der Stadt Straßburg verwaltet das Conservatoire d'espace naturels d'Alsace (CEN Alsace) die größte Anzahl an Schutzgebieten (vier).
Das 2004 genehmigte Wasserwirtschaftsschema "Ill-Nappe-Rhein" hat zum Ziel, "die Qualität des Grundwassers zu gewährleisten, die Qualität der Wasserläufe wiederherzustellen und dabei die Nutzungen dauerhaft zufrieden zu stellen, eine globale Kohärenz zwischen den Zielen des Hochwasserschutzes und der Erhaltung der Feuchtgebiete zu gewährleisten" und die Rheinarme wiederherzustellen.
Die französischen Rheinbewirtschafter haben ein ehrgeiziges Aktionsprogramm ausgearbeitet und am 5. Dezember 2019 unterzeichnet: den Plan "Lebendiger Rhein". Dieses vom Staat, der Region Grand Est, der Agence de l'eau Rhin-Meuse und dem französischen Amt für Biodiversität getragene Programm hat eine Laufzeit von 10 Jahren. Das ehrgeizige Ziel besteht darin, die Funktionalität, die Biodiversität und die Landschaften der Rheinmilieus mit den damit verbundenen Ökosystemleistungen wie der Bioklimatisierung während Hitzewellen wiederherzustellen, die Anpassung der Milieus an den Klimawandel zu verstärken und die sozialen Bindungen zwischen der Bevölkerung und dem Fluss wieder herzustellen". In diesem Rahmen wurde die Studie zur Wiederherstellung des Wald- und Auenmassivs von Marckolsheim bis Schoenau in Auftrag gegeben.
Das Rhinaissance-Projekt ist eine Machbarkeitsstudie zur Renaturierung des Altrheins und seiner Auen im Naturschutzgebiet Taubergiessen (Deutschland) und auf der Insel Rhinau/Sundhouse/Schoenau (Frankreich), die Ende 2022 abgeschlossen wurde. Diese Studie ist die Vorphase für die Planung von Renaturierungsmaßnahmen.
Die Wasseragentur Rhein-Maas hat den Aufruf zu Initiativen "Ich habe ein Projekt für den Rhein" gestartet, um jede Art von Aktion zu unterstützen, die den Akteuren und Bürgern den Fluss in all seinen Dimensionen näher bringt. Die Gesamtheit der hier vorgestellten pädagogischen Tafeln und der Empfang der Besucher sind Teil dieses Finanzierungsprogramms.